F.E.A.R. 3 soll den ambitionierten Gamer das Fürchten lehren. Doch Horror und Co. sind meist nicht so langlebig wie man denkt – vor allem, wenn man immer und immer wieder auf die gleichen Mechanismen setzt. Hat F.E.A.R. 3 trotz seiner Vorgänger und Indie-Konkurrenz wie Amnesia: The Dark Descent noch das Potential den Zocker nicht nur grafisch zu beeindrucken, sondern neue Maßstäbe in Sachen emotionaler Stimulation zu setzen?
Der erste Teil war schlichtweg super. Der zweite musste Schwächen eingestehen und konnte an den Erfolg des Vorgängers nicht anknüpfen. Mit F.E.A.R. 3 will Warner Bros. nun jedoch schwere Geschütze auffahren und hat kurzerhand John Carpenter, sowie Steve Niles engagiert um dem Shocker-Shooter den richtigen Flair zu verleihen. Ob das ausreicht um aus F.E.A.R. 3 mehr zu machen als einen simplen Shooter mit altbackener Angstmache und mäßigem Deckungs-System?
Atmosphäre: Dramatischer geht es einfach nicht. Um es kurz zu machen: Unsere Aufgabe besteht darin aus einer Nervenheilanstalt (wobei wir hier mehr verwahrt als geheilt werden) zu fliehen. Der einzige, der unserem Helden Pointman dabei gewissermaßen zur Seite steht ist sein Bruder Paxton Fettel, den wir im zweiten Teil erledigt haben. Aus bisher unbekanntem Grund ist er uns jedoch nicht mehr böse, sondern begleitet uns mit mehr oder minder hilfreichen Anmerkungen bei unserer Flucht.
Fettels Beweggründe sind denkbar einfach: Blut, und die Suche nach unserer gemeinsamen Mutter, Alma – der Frau bzw. dem Mädchen, das uns schon im ersten und zweiten Teil ordentlich Muffensausen bereitet hat. Das ist nämlich schwanger, und das, was dabei herauskommen wird, macht sogar unserem eigentlich hart gesottenen Bruder Angst.
Gameplay: Schon im ersten Level wird klar: Hier stimmt etwas nicht. Damit ist nicht etwa ein völlig unvorhergesehener Twist in der Storyline oder Charakterentwicklung gemeint, sondern vielmehr die Tatsache, dass wir uns durch einen Schlauch bewegen – wirklich. Von Freiheit keine Spur. Gut, in Super Mario & Co. fanden wir das noch toll, doch F.E.A.R. 3 ist kein Jump’n’Run. F.E.A.R. 3 sollte zumindest mit intelligentem Level-Design aufwarten, das dem Spieler ab und an die Möglichkeit bietet sich zu entscheiden.
Gehe ich links lang oder rechts? Klettere ich die Leiter hinauf oder krieche ich weiter durch diesen Tunnel? Ohne Entscheidungsfreiheit gibt es auch keinerlei Überraschungen. Alles wirkt gescriptet, vorhersehbar, langweilig. Ein Beispiel: Wir befinden uns in einem verlassenen und halbwegs zerstörten Supermarkt. Die einzige Möglichkeit weiterzukommen: Eine Leiter. Bevor wir hinaufklettern wissen wir, irgendetwas wird passieren. Und wer die ersten Teile der F.E.A.R.-Reihe gespielt hat, weiß sogar was passieren wird. Ungefähr auf der Hälfte der Leiter erscheint die kleine, blutverschmierte und wahnsinnig anmutende Alma vor uns – wow!
Der Ein oder Andere erschreckt sich hier und fällt sogar vom Stuhl (wie auch ich…), jedoch kann niemand leugnen, schon vorher gewusst zu haben, was passieren würde. Dieses Szenario bleibt jedoch leider kein Einzelfall, sondern durchzieht den gesamten Spielverlauf – traurig aber wahr.
Um noch einmal kurz auf das Gameplay einzugehen. Die Steuerung ist ohne Umschweife erste Sahne. Das HUD ist übersichtlich und man hat zu keiner Zeit das Gefühl, etwas an der Steuerung ändern zu müssen. Wir haben zwar unentwegt die Möglichkeit uns in Horror-Manier um Ecken zu lehnen und vorab die Lage auszukundschaften, aber wozu? Wozu, wenn es nicht nötig ist? Wozu implementiert man Gameplay-Elemente, die das Gameplay nicht unterstützen?
Grafik: In Punkto Optik macht F.E.A.R. 3 nicht sonderlich viel her. Die Settings wirken zwar dank eindrucksvoller Lichteffekte bedrückend und unterstützen die Atmosphäre, mit anderen Genre-Vertretern kann F.E.A.R. 3 allerdings nicht mehr mithalten.
Aber das muss es auch gar nicht, schließlich will F.E.A.R. 3 weder ein hochgezüchteter Militär-Shooter, noch ein ressourcen-verschlingendes Sci-Fi-Action-Spektakel sein – und das ist auch gut so.
Singleplayer: Der Singleplayer besteht aus acht Leveln, die sich zwar voneinander unterscheiden und somit immer neue Möglichkeiten für das gut ungesetzte Cover-System bieten, innerhalb der einzelnen Abschnitte ist jedoch von Abwechslung keine Spur.
Ein Wermutstropfen, wenn auch ein kleiner, ist die Möglichkeit den Singleplayer nach dem ersten Durchlauf jedes Levels als Pointman, für einen weiteren als Paxton Fettel freizuschalten. Der ist nämlich weniger Stratege, als blutrünstiger Wahnsinniger mit telekinetischer Begabung – macht Spaß, und lohnt sich!
Koop: Das Herzstück von F.E.A.R. 3 bildet der Koop-Modus. Hier gibt es zwar nur die beiden Brüder als spielbare Charaktere, die ergänzen sich allerdings so gut, wie in keinem anderen Spiel. Streit um die Charakterwahl ist hier dennoch vorprogrammiert, außer natürlich euer Partner verzichtet (aus welchem Grund auch immer) freiwillig darauf Fettel spielen zu dürfen.
Während Pointman sich mithilfe von Feuerkraft seinen Weg durch Horden gegnerischer Zombies oder Soldaten ballert, kann Fettel hier nicht nur Gegnern die Lebenskraft aussaugen, sondern auch seinen Bruder mithilfe eines Schutzschildes für einige Zeit abschirmen.
Einziges Manko: Es wirkt durchweg so als würde nur der vorauslaufende Spieler die rar gesäten Schockmomente auch wirklich mitbekommen. Schade.
Multiplayer: Hier wurde ordentlich in die Trickkiste gegriffen. Statt auf herkömmliche Multiplayer-Modi, wie Capture the Flag oder Team Deathmatch zu setzen, hat man kurzerhand einfach vier neue Modi „erfunden“. Im „Soul King“-Modus startet jeder Spieler als Specter und hat die Möglichkeit feindliche Soldaten zu übernehmen. Das Ziel besteht darin, gefallenen Gegnern die Seele zu entziehen. Wer stirbt, verliert jedoch die Hälfte seiner gesammelten Seelen. Wie spannend so ein Match sein kann, zeigt nicht zuletzt der Wahnsinn, der das Scoreboard beherrscht.
Im Modus „Soul Survivor“ hingegen startet nur ein ausgewählter Spieler als Specter. Seine Aufgabe ist es, die anderen menschlichen Spieler zu korrumpieren und somit zu seinen Team-Kameraden zu machen. Wer hier an die Grundschule zurückdenken muss, liegt richtig. So interessant sich das Konzept auch anhören mag, beide Modi machen zwar kurzweilig viel Spaß, sind auf längere Dauer aber wohl nicht gerade e-sport-tauglich.
Um einiges durchdachter kommen die anderen beiden Modi daher, die den Teams einiges an Koordination und Taktik abverlangen. „Contractions“ ist wohl der anspruchsvollere der Beiden. Hier geht es darum die eigene „Festung“ vor nahenden Gegnerwellen zu verteidigen. Das Interessante daran: Die Festung kann zwischen Gegnerwellen repariert und ausgebaut werden. Wer hier nicht mitdenkt und Ressourcen spart, verliert.
Nicht ganz so anspruchsvoll aber dennoch fordernd ist der „Fucking Run“-Modus. Zwar geht es einfach nur darum vor einer von hinten nahenden Wand des Todes zu fliehen und dabei im Weg stehende Gegner auszuschalten, dennoch hat die Sache einen Haken. Sobald ein Team-Mitglied stirbt, ist die Runde vorbei. Hier ist Teamwork das A und O.
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